Clearcut_409, 2002

 

 

ClearCut_409, 2002

Installation

Rundgang Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe

“ClearCut oder ´ne Hängepartie”
“Der Ichgedanke wurde im Zimmer aufgenommen und verarbeitete sich / Es ist ein schönes Zimmer” (Edmund Mach)

Wenn sich der Ichgedanke im Zimmer glücklich verdoppelt gilt unverbindlicher Dank den Helden der Tagesform / Installative Praxis ist hier nicht ornamentaler Selbstzweck zur Innendekoration von mutwillig kompliziert aufgefassten Konzepten der Dritten Moderne / ClearCut (2002) ist noch Spiel, ist Ernst, ist barbarisch und seltsam, wirkmächtig und doch eine Hängepartie der besonderen Art / Das Duo Bretz/Holliger kontert und überwindet die inzwischen reichlich ambitioniert wirkenden Ensemblestrukturen und übertönt mit einer gerissenen Nonchalance – die Stille der Gegentribüne, spielt souverän heraus aus dem eigenen “Strafraum”/ Der Strafraum wäre das “eigene” Atelier gewesen, der klassische Elfenbeinturm, das Künstlerrefugium, aus dem die Geniestreiche nur so die steile Dachgeschosstreppe runterpurzeln / Bretz/Holliger spielen Doppelpass lieben das Mittelfeld / Und wenn sie nicht irgendwann aus purem Übermut das Stadion verlassen, gewinnen sie auf jeden Fall sich selbst in der Verlängerung / Verlängerung sind die Räume der “Anderen”; können “soziale Räume” sein; – keine Unorte – wie ein “studentisch” – selbstverantwortlich organisierter Ausstellungsraum in der Karlsruher Akademie, dessen inoffiziell/offizieller Name hier nichts zur Sache tut (die Selbsthilfegruppe trifft sich im Mucha-Zentrum) / Zur Strasse hin, aber innen künstlich erhöht / bei offenem Fenster dringt der Verkehrslärm von 40.000 Autos am Tag in die heiligen Hallen / Eigentlich nicht wichtig, aber das Fenster ist bei “Sicht_lange Sicht” (2003) die Tür, der Eingang liegt hinter dem Hirsch auf dem Tisch und das Bier ist gratis / ClearCut verschneidet die 3te Moderne verlängert die letzten hüstelnden Ausläufer und beschwört die Sehnsucht nach dem längst verlorenen Paradies / Stilisierte Charaktere wären für die Methode “ClearCut” Fremdkörper im Raum / der Betrachter wirkt als Motor und lässt das sondierte Terrain vorüberziehen / In der metaphorischen Überinszenierung von Möglichkeiten überhaupt bleibt die Lust versteckt, die Bretz/Holliger nur das Weitermachen ermöglicht/ Bon Alors

Axel Heil

Edmund Mach, “Ich und das Zimmer”, in: Heinz Bütler
Zur Besserung der Person, Bern Zytglogge Verlag, 1982, S. 149